Vom verrufenen Western-Quatsch zum Allheilmittel – Bodenarbeit ist beliebter denn je und das hat auch durchaus seinen Grund. Denn stimmt die Basis am Boden noch nicht, ist es beim Reiten häufig um ein vielfaches schlimmer. Durch Bodenarbeitsbasics lassen sich hervorragend in den Alltag integrieren und erleichtern dadurch langfristig damit den Umgang mit dem Pferd. Zudem wird das eigene Körpergefühl und die -wahrnehmung geschult, die den spielerischen Umgang mit dem Pferd erst möglich macht. 

Wir haben ein paar alltagstaugliche Übungsideen und Hinweise, die es bei der Bodenarbeit zu beachten gibt. 

Überall stehen bleiben

Wäre es nicht schön, das Pferd würde in jeder Situation, an jedem beliebigen Ort einfach entspannt stehen bleiben? Die Suche nach einer Möglichkeit das Pferd anzubinden wird somit überflüssig und auch das Verletzungsrisiko sinkt, sollte sich das Pferd doch einmal erschrecken. Möglich ist das. Zunächst sollte man sich überlegen, welche Symbol dem Pferd vermittel soll, dass es nun stehen zu bleiben hat. Die meisten Reiter legen hierzu den Strick über den Pferdehals. In den USA ist es aber auch beliebt den Strick auf den Boden zu legen. Hier besteht aber natürlich die Gefahr, dass das Pferd auf den Strick tritt. Aber egal, welche symbolische Handlung du auswählst, du solltest sie immer nutzen wenn du möchtest, dass das Pferd stehen bleibt. Zunächst kannst du dein Pferd an den Ort bringen, an dem du es sonst immer anbindest um es zu putzen. Löse den Strick, leg ihn um den Hals oder auf den Boden und mache dann so weiter bis bisher. Bewegt sich dein Pferd, korrigiere die Bewegung sofort ohne großes Aufhebens darum. Geht es einen Schritt vor, schiebe es konsequent wieder einen Schritt zurück. Fahre dann mit deiner eigentlichen Tätigkeit fort. Übe zunächst nur ein paar Minuten ohne Anbinden. Du kannst die Zeit, die dein Pferd frei stehen bleiben soll, immer weiter steigern. Wichtiger ist anfangs jedoch, dass du dein Pferd peinlich genau korrigiert. Umso konsequenter du hier bist, umso schneller wird dein Pferd verstehen, was du von ihm forderst. 

Führtraining

Halfterführigkeit ist ein großes Thema in der Jungpferdeerziehung. Was erstmal langweilig klingt, kann man sowohl für Reiter als auch für das Pferd nach und nach anspruchsvoller gestalten. Auch bei adulten Pferden lohnt es sich, immer mal wieder zum Führtraining zurückzukehren um den Grundgehorsam und die Aufmerksamkeit auch am Boden zu festigen, auszubauen oder einfach nur abzufragen. Dabei geht es zunächst darum, dass das Pferd auf den Reiter achtet. Das bedeutet es geht mit dem Reiter los, achtet auf sein Tempo und bleibt entsprechend stehen. Auch hier gilt wieder üben, üben, üben und vorallem konsequent korrigieren. Bremst das Pferd nicht schnell genug ab beim Stehenbleiben, korrigiert man es auf die Ausgangsposition und versucht es erneut. Klappt das alles gut, kann man auch üben, Rückwärts zu gehen, das Tempo zu variieren oder ohne Halfter zu führen. Dies sollte man natürlich in einem geschlossenenen Raum üben und wieder bei den Basics Stehenbleiben und Weitergehen anfangen. 

Pferd rufen

Viele Pferde kommen ganz von alleine, wenn eine ihnen vertraute Person im Sicht- oder Hörweite auftaucht. Gerade die Hörweite ist es, die man in der Bodenarbeit durch eine einfache Übung trainieren kann und so dem endlosen von der Weideholen ein Ende setzen kann. Hierzu benötigt man einen langen Führstrick oder eine Longe. Das Pferd sollte auf ein Signal hin stehen bleiben können. Die erste Hürde ist dann sich vom Pferd zu entfernen. Dazu drehst du dich mit dem Gesicht zu deinem Pferd und gehst ein paar Schritte rückwärts. Dein Pferd sollte gelassen, aber aufmerksam stehen bleiben. Bleibe dann nach ein paar Schritten stehen und gebe das Kommando, dass du dir für das Rufen ausgesucht hast. Viele Reiter nutzen hier ein Kussmund-Geräusch, es kann aber auch der Name des Pferdes oder ein gänzlich anderes Kommando sein. Gib zudem einen kleinen Impuls am Führstrick. Sobald das Pferd sich auf dich zubewegt, geht der Druck weg und du lobst es ausgiebig. Wiederhole die Übung dann und verlängere die Strecke zwischen dir und dem wartenden Pferd. Klappt das alles gut, kannst du wieder mit einem kleinen Abstand ohne Strick üben. 

Hinweise zur Bodenarbeit

Was als Spielerei wirken mag, ist oft ganz entscheidend für das Miteinander zwischen Reiter und Pferd. Das Pferd lernt so auf eine spielerische Art und Weise auf den Menschen zu achten. Viele Pferde entwickeln einen zuvor nicht geahnten Ehrgeiz und haben viel Freude an der Arbeit vom Boden aus. Zudem wird die Konzentrationsfähigkeit des Pferdes geschult. Gute Vorbereitung vom Boden aus wirkt sich zudem häufig auf das Reiten aus. So kann dem Pferd von unten zunächst erklärt werden, was es machen soll. Sitzt das gut, hat man es beim Reiten um einiges leichter. Auch das Vertrauensverhältnis zwischen Pferd und Reiter wird gestärkt. Das Pferd bekommt die Chance die Körpersprache des Reiters zu verstehen und entsprechend zu reagieren. Auch der Mensch profitiert, indem er seine Wirkung anhand der Reaktion des Pferdes überprüfen kann. 

Natürlich gibt es Tricks, die einfach nur Tricks sind. Viele Lektionen der Bodenarbeit sind aber auch im Alltag anwendbar und machen das Pferd gelassener. Ein Pferd, dass gelernt hat entspannt stehen zu bleiben, auch wenn der Strick seine Kruppe berührt, wird nicht in Panik geraten, wenn es sich das erste Mal in der Longe verheddert oder die erste Doppellongenstunde seines Lebens hat. 

Sicherlich gibt es viele Arten der Bodenarbeit und noch mehr Anleitungen, wie diese zu funktionieren haben. Dabei sollte man sich nicht dogmatisch an Vorgaben klammern, sondern das machen, was funktioniert und das Pferd versteht. Hier sind Reiter und auch Pferde vollkommen verschieden. Auch sollte man beachten, dass nicht jedes Pferd Spaß an der Bodenarbeit hat. Hier gilt es dann herauszufinden, ob es grundsätzlich keine Lust dazu hat oder ob es eine andere Art ist, die es mehr begeistert. Denn in der Regel freuen sich unsere Vierbeiner über jede Aufmerksamkeit die wir ihnen schenken, seien sie auch in Form einer kleinen Trainingseinheit. Denn Bodenarbeit kann auch dazu beitragen etwas gemütlichere Pferde wieder für die Arbeit mit dem Menschen zu begeistern. Dazu sollte das Training abwechslungsreich gestaltet und nicht zu lang gezogen werden.