Heute ist der Reitsport, sowohl im Freizeitbereich als auch im Turniersport geprägt von Frauen – viel mehr noch  Frauen machen heutzutage den Großteil der Reiter in Deutschland aus. Dabei war der Reitsport lange eine rein männliche Angelegenheit. Die Artikelserie “From M to F” widmen wir daher all jenen Frauen, die den Reitsport revolutionierten. 

Opel, CHIO Chips und das Springderby in Hamburg – all diese so unterschiedlichen Begrifflichkeiten beschreiben das Leben von Irmgard von Opel – möchte man es plakativ herunterbrechen. 

Die Anfänge des “Reitwunderkindes”

Irmgard von Opel wurde 1907 in Rüsselsheim als Enkeltochter des Opelgründers Adam Opel geboren. Zur Zeit ihrer Geburt war es Frauen zwar grundsätzlich erlaubt zu Reiten, jedoch nur im Damensattel. Spring- oder Vielseitigkeitsreiten, dass damals noch als Military bekannt war, galt als schädlich für die Fruchtbarkeit und war damit im Grunde keine Option für die reitende Frau in den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Doch Irmgard, die Jüngste von drei Kindern des in den Adelsstand erhobenen Heinrich von Opel, sollte die Schlüsselfigur und das Vorbild vieler folgenden Amazonen werden. 

Heinrich von Opel erwarb 1900 das Schloss Westerhaus, das größte Hofgut in Rheinhessen. Dort gründete er 1912 – Irmgard war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal fünf Jahre alt – das Gestüt Westerberg, welches bis heute in Familienbesitz ist und geführt wird. 

Irmgard wuchs auf dem Hofgut, umgeben von Pferden und im Reiten durch Vater Heinrich gefördert, auf. Sein Geschenk, der Araberhengst Sherif Effendi, den er von seinem Militärdienst in Palästina mitgebracht hatte, war es auch, der der erst dreizehnjährigen Irmgard 1920 den Sieg in einem Jagdreiten ermöglichten. Mit diesem Sieg erregte sie das erste Mal die Aufmerksamkeit, galt Reiten – insbesondere Spring- und Vielseitigkeitsreiten als Männersport. Die junge Amazone galt von dahin als “Reitwunderkind”. 

Ehe und Gestütsleitung

1927 heiratete die 20-jährige Irmgard den Filmregisseur Karl Georg Külb. Im gleichen Jahr wurde die gemeinsame Tochter geboren. Doch die Ehe scheiterte und wurde bereits ein Jahr nach der Schließung wieder geschieden. 

Nachdem ihr Vater Heinrich 1928 plötzlich im Alter von nur 55 Jahren verstarb und ihre Mutter Emmy ihm nur ein paar Monate später folgte, fiel der erst 21-jährigen ein Großteil des Familienvermögens, unter anderem auch die Verantwortung für das Hofgut Westerhaus und das Gestüt Wetserberg zu. Bis 1978 führte sie das Gestüt, dass sie danach an ihren Sohn Dr. Heinz von Opel übergab. Heute wird es von dessen Tochter Aline und Schwiegersohn Peter Rodde geleitet. 

Der große Triumph in Hamburg

Sechs Jahre nach dem Tod der Eltern nahte dann der Triumph, der ihr in der Reitwelt den Titel “Super-Amazone” einbringen sollte. Das seit 1920 jährliche stattfindende Springderby in Hamburg Klein-Flottbek, galt schon damals als das schwerste Springderby der Welt. 

Gestaltet wurde der Parcours 1920 durch den passionierten Jagdreiter Eduard Pulvermann. Der 1230 Meter lange Kurs wurde bis heute weder in seiner Linienführung noch in seinen Hindernissen verändert. Lediglich die Höhe und Tiefe der Sprünge wurden im Laufe der Zeit an das gesteigerte Leistungsniveau und die bessere Bodenqualität angepasst. Neben Kondition, aufgrund des außergewöhnlich langen Parcours erfordert das Derby vor allem Vertrauen zwischen Reiter und Pferd um die ungewöhnlich schwierigen Naturhindernisse zu überwinden und Mut, den großen Wall – das wohl bekannteste Hindernis des Derbys – hinab zureiten. 

Noch heute kann man sich also gut vor Augen führen, welchen Aufgaben Irmgard von Opel auf ihrem Trakehnerhengst Nanouk engegenritt, als sie 1934 gegen die männliche Offizierelite antrat. Doch die außergewöhnliche Amazone und ihr Schimmel alle angetreten Soldaten und gewann als erste Frau das Hamburger Springderby. 

Erst im Jahr zuvor – 1933 – gelang Harald Momm als erster Sieger einer fehlerfreie Runde. Im Jahr darauf triumphierte dann die erste Frau – Irmgard von Opel auf Nanouk. Für eine lange Zeit sollte sie auch die Einzige bleiben. Denn erst 1949 schaffte es Käthe Schmidt-Metzger wieder aufs Treppchen. Nach Caroline Bradley auf New Yorker (1975) gelang es bis heute keiner weiteren Frau das Derby zu gewinnen.

Irmgard von Opel als Unternehmerin

Im Jahr 1937 beendete Irmgard von Opel ihre Reitsportkarriere, hatte sie für diese Zeit, in der es Frauen nicht erlaubt war bei Championaten zu starten, bereits alles erreicht.

Während des zweiten Weltkriegs richtete sie im Hofgut Westerhaus ein Lazarett für Pferde und Soldaten aller Nationen ein, wodurch das Anwesen vom Krieg vollkommen verschont blieb. 

1938 heiratete sie ihren Cousin Georg von Opel. Mit ihm bekam sie zwei Söhne: Carlo (1941) und Heinz (1943). Die Mutter dreier Kinder leitete weiter das Hofgut und Gestüt und betätigte sich unternehmerisch. 

So war sie es die 1960 die Idee von Kartoffelchips von einer USA-Reise mitbrachte. 1962 nahm sie dann auf dem Hofgut Petersau, dass sie 1934 erworben hatte und auf dem sie mit ihrer Familie lebte, die Produktion von Kartoffelchips aus. Zunächst produzierten sie die Chips aus Kartoffeln aus eigenem Anbau und vertrieben diese unter dem Markennamen CHIO, der sich aus ihren Namen “Carlo, Heinz und Irmgard von Opel” zusammensetzte. 

1978 zog sie in die zum Hofgut Westerhaus gehörende Opelmühle, wo sie 1986 im Alter von 79 Jahren verstarb. Für die Nachwelt bleibt Irmgard von Opel als Frau in Erinnerung, die es nicht nur schaffte in einer männerdominierten Sportart mitzuhalten sondern durch ihren Sieg im Hamburger Springderby auch bewies, dass Frauen in den Spring- und Vielseitigkeitssport gehören.