Leicht traben in unwegsamen Gelände – die Idee der Jagdreiterei

Eine bellende Meute im Morgentau, ein tönendes Horn und viele Reiter hoch zu Ross in roten Jackets – wir befinden uns ganz unweigerlich bei einer klassischen, englischen Fuchsjagd. Bei eben solchen soll bereits im 18. Jahrhundert das Leichttraben erfunden worden sein. Doch ist das Leichttraben eigentlich so leicht wie es wortwörtlich heißt? 

Auch wenn uns unsere Phantasie bei einer Fuchsjagd nur so dahin fliegende Pferde suggeriert, so wird und wurde bei einer Jagd nicht ausschließlich galoppiert. Weite Strecken, durch holpriges Gelände, werden häufig auch im Trab zurückgelegt. Eine für den Reiter eher unangenehme Sache. Denn kaum ein Pferd lässt sich im Trab gut sitzen.

Der schnelle Zweitakt des Pferdes, gepaart mit einem durch die Bodenverhältnisse oder den ungeübten Reiter festgehaltenen Rücken, machen ein Aussitzen über einen längeren Zeitraum beinahe unmöglich. 

Daher kamen die Engländer, die seit jeher bekannt für ihre Jagdreiterei sind, auf die Idee, den Reiter als auch das Pferd durch einen angepassten Sitz zu entlasten. Man überlegte sich, in der Bewegung des Pferdes mitzugehen und sich gezielt in dem Moment, indem das Pferd durch seinen Schwung den Reiter förmlich aus dem Sattel hebt, aktiv aufzustehen und sich danach wieder geschmeidig in den Sattel zu setzen. Diese Technik ist als Leichttraben oder auch als “englischer Trab” (eng. rising trot) bekannt.

Vom Jagdreiten zur Dressur

Was als Entlastung bei der Jagdreiterei begann, ist in der klassischen Reiterei nicht mehr wegzudenken. Die Grundidee des Leichttrabens wurde über die Zeit beibehalten, jedoch in ihrer Ausführung immer wieder durch die großen Reitmeister verändert. So gilt heute in der klassischen englischen Reiterei ein senkrechtes Aufstehen mit möglichst geradem Rücken und ein elastisches Einsitzen, welches die Bewegung des Pferdes in keiner Weise stört als Ziel der reiterlichen Bewegung.

Das Leichttraben soll vor allem den Pferderücken entlasten. Zudem ist es für einen Reiter wesentlich einfacher über einen langen Zeitraum leicht zu traben als das Pferd auszusitzen. Klassischerweise wird das Pferd heutzutage nur noch während der Arbeitsphase ausgesessen. Zum Abreiten, im Gelände und auch am Ende einer jeder Einheit wird leicht getrabt.

Der Reiter steht bei jedem zweiten Tritt auf und setzt sich dann wieder in den Sattel. Trabt man in der Halle oder auf dem Platz, ist darauf zu achten, dass man auf dem richtige Fuß leichttrabt. Dies bedeutet, dass der Reiter sich immer dann aus dem Sattel hebt, wenn die äußere Schulter des Pferdes sich nach vorne bewegt. Im Gelände sollte darauf geachtet werden, auf beiden Händen leicht zu traben um eine einseitige Belastung zu vermeiden. 

Was einfach klingt, ist es leider nur bedingt. Denn gerade als Reitanfänger birgt das Leichttraben einige Herausforderungen. Zunächst muss der Reiter den Takt finden, sich also weder zu schnell noch zu langsam bewegen, denn dadurch wird die Bewegung des Pferdes gestört. Vielen Reitanfängern fällt das schwer, da sie viel zu weit aufstehen und sich dann nicht mehr schnell genug hinsetzen können. Das Leichttraben wird so zu einer holprigen Angelegenheit. Neben dem Takt ist aber auch die ruhige Zügelverbindung eine Herausforderung. Denn auch wenn der Sitz des Reiters möglichst unabhängig von der Hand sein soll, ist das nicht immer der Fall. Die Belastung im Pferdemaul nimmt zu. Das gewünschte Ziel – einen frei schwingenden Rücken des Pferdes – rückt so in weite Ferne. 

Weitere Kritik am Leichttraben

Leichttraben gehört zur klassisch-englischen Reiterei und dennoch gibt es immer wieder Kritik an diesem Sitz. Im Vordergrund steht dabei häufig, dass ein noch nicht so elastisches Leichttraben das Pferd aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Zudem wird kritisiert, dass man im Leichttraben weniger ein Gefühl für das Abfußen des Pferdes entwickelt als im Aussitzen. Eben aus diesem Grund wird in der klassischen Reitkunst, zum Beispiel an der spanischen Hofreitschule ausschließlich im Aussitzen getrabt. Auch die akademische Reitkunst verzichtet auf das Leichttraben.

Grundlangen

Leichttraben als Grundpfeiler der klassischen Reiterei

Als Grundpfeiler der Reiterei, wird das Leichttraben jedoch in der klassisch-englischen Reitweise gesehen. Sowohl in der Ausbildung von Pferd als auch in der Ausbildung des Reiters steht das Leichttraben als eine der ersten Übungen an. Dies spiegelt sich auch durch die Leistungs-Prüfungs-Ordnung (LPO) der FN wider. In Dressurprüfung der unteren Klassen wird in der Prüfung auch das Leichttraben abgefragt. Erst in den höheren Klassen wird dann das Aussitzen gefordert. 

Auch in der Jungpferdeausbildung ist das Leichttraben eines der ersten Dinge, die ein Pferd nach den Ausbildungsmethoden der Dressur lernt. Durch das Leichttraben wird ein mitschwingender Rücken erarbeitet der es dem Reiter erlaubt, dass Pferd in der späteren Ausbildung auszusitzen. Auch kann durch Leichttraben die Aktivität der Hinterhand erarbeitet werden. Bei Jungpferden soll durch das Leichttraben vor allem der Rücken entlastet werden. Voraussetzung hierzu ist ein elastischer Sitz des Reiters im Takt des Pferdes und eine vom Sitz unabhängige Hand. 

Mythen des Leichttrabens

Um das Leichttraben ranken sich etliche Mythen. Hier ein paar Beispiele:

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Leichttraben kommt von der Kavallerie

Immer wieder wird angenommen, dass das Leichttraben aus der Zeit der berittenen Soldaten, der Kavallerie, stammt. Es heißt, die Reiter erfanden das Leichttraben, um die Pferde und auch sich selber auf langen Ritten zu schonen. Es kursiert auch die Annahme, dass Reiter das Leichttraben nutzen, weil sie selber nicht so gut reiten konnten und es sich durch diesen Sitz leichter machten. Diese Annahmen sind jedoch nicht belegt, halten sich aber hartnäckig. Wie bereits erwähnt stammt das Leichttraben vom Jagdreiten und nicht aus der Kavallerie. Hierzu sei erwähnt, dass berittene Soldaten in der Zeit vor dem 18. Jahrhundert meist sehr gut ausgebildete Reiter aus Adelsgeschlechtern waren. Hoch zu Ross kämpfte man schließlich nicht als einfacher Soldat, sondern ausschließlich mit einer Sonderstellung. 

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Leichttraben ohne Bügel verbessert den Sitz

Leichttraben ohne Bügel ist eine Qual und jeder der das im Reitunterricht mitmachen musste, wird sich daran erinnern. Besonder frustrierend: Untersuchungen haben gezeit Leichttraben ohne Bügel verbessert den Sitz des Reiters nicht. Leichttraben ohne Bügel führt zu klemmenden Knien und Blockaden bei Pferd und Reiter. Die Qualen waren also ganz umsonst. Beim Leichttraben ohne Bügel wird die Hüftbewegung durch das Anspannen der Oberschenkel-Adduktoren unterbrochen, der Reiter kann nicht in der Bewegung des Pferdes mitschwingen, er beginnt zu klemmen. Leichttraben ohne Bügel verhindert also eher einen elastischen Sitz, als das es dazu beiträgt diesen zu erarbeiten. 

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Leichttraben nur Reitanfänger

Ebenfalls ein Gerücht welches sich hartnäckig hält, ist das ausschließlich Reitanfänger leichttraben. Dem ist nicht so. Auch Profis nutzen das Leichttraben in der Lösungsphase und zur Aktivierung der Hinterhand. Allerdings stimmt es, dass man als Reitanfänger weniger aussitzen kann als ein erfahrenen Reiter. Dies hat etwas mit der Kondition, den Muskeln und auch dem reiterlichen Können zu tun. So kann ein erfahrener Reiter das Pferd dazu animieren den Rücken frei zu machen und sich somit das Aussitzen erleichtern. 

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Beim Leichttraben müssen die Hände weiter unten getragen werden

Viele Reiter lernen, dass beim Leichttraben die Hände weiter unten getragen werden sollen. Hintergrund dieser Idee ist es, dass der Reiter die Hand beim Ausstehen im Leichttraben wieder ein Stück nach oben nimmt. Der Versuch die Hand weiter unten zu halten, führt in der Regel jedoch zu steifen und unnachgiebigen Händen. Besser ist es die Hand in der Phase des Aufstehens leicht nach vorne zu nehmen. So wird die natürliche Bewegung des Pferdes unterstützt. 

Fakt ist: Leichttraben ist nicht leicht traben. Denn das will erst gelernt sein. Trotz immer wiederkehrender Kritik ist das Leichttraben einer der Grundpfeiler der klassisch-englischen Reiterei. Durch korrektes Leichttraben kann ein Reiter sein Pferd lösen und auch schulen. Voraussetzung hierfür ist, dass das Leichttraben mit der Bewegung des Pferdes geht und unabhängig von der Hand gesessen wird.

 

1 Kommentar

  1. Vielen Dank für den wertvollen Post! Sehr schön Tipp.

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