Seit Jahrzehnten steht sie an der Spitze des internationalen Dressursports. Isabell Werths Bilanz: Zehn olympische Medaillen, darunter sechs Mal Gold, neunmalige Weltmeisterin, zwanzigfache Europameisterin und vierzehnfache Deutsche Meisterin. Isabell Werth ist die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten. Mit ihrer Stute Bella Rose könnte die Rheinbergerin bei den Spielen in Tokio beim Gewinn einer Goldmedaille ein historisches Ergebnis erzielen und mit der bislang erfolgreichsten Olympischen Teilnehmerin der Kanutin Birgit Fischer gleichziehen.
Die Anfänge
Geboren wurde die Rheinbergerin 1969. Sie wuchs auf dem elterlichen Bauernhof auf. Pferde gehörten seit frühester Kindheit zum Alltag. Ihre ersten Runden auf dem Pferderücken drehte sie auf Ponystute Illa. Erste Turniere ritt sie mit Pony Funny. Isabell Werth startete jedoch nicht wie zu vermuten in der Dressur, sondern bestritt Spring- und Vielseitigkeitsturniere.
Das sie aus dem Springlager wechselte ist wohl Dr. Schulten-Baumer – dem “Doktor” – zu verdanken, der Werth als 17-Jährige fragte, ob sie nicht Lust habe einige seiner Pferde zu reiten. Der Doktor nahm Werth unter seine Fittiche. Werth feierte mit vielen Pferden des Doktos große Erfolge. Gemeinsam mit “Gigolo” wurde sie jedoch zur Legende. Vierzehn Jahre arbeitete die Reiterin zusammen mit dem Doktor. Dann beendete sie die Zusammenarbeit und zog für zwei Jahre auf das Gestüt ihrer Mäzenin Madeleine Winter-Schulze, bevor sie 2004 zuhause in Rheinberg einen eigenen Ausbildungsstall eröffnete. Mit diesem Schritt gab die Juristin der Reiterei den beruflichen Vortritt.
Zu ihren Förderern – dem Doktor und Mäzenin Madeleine Winter-Schulze – findet Werth selber diese Worte: “Ich habe zweimal im Leben das große Glück gehabt, zur richtigen Zeit dem richtigen Menschen zu begegnen. Der Doktor hat mich damals in den Spitzensport gebracht. Madeleine Winter-Schulze hat dafür gesagt, dass ich mich dort halten konnte und es immer noch kann. Ihr verdanke ich die Unabhängigkeit, meine Pferde mit der nötigen Ruhe auszubilden und mich sportlich einzig und allein an ihnen zu orientieren.”
Zurück an die Spitze
Mit dem neuen Lebensabschnitt in Rheinberg begann auch eine von der sportlichen Seite gesehene, nicht so einfache Zeit für Werth. Zwar blieb sie in der Dressur insgesamt mit verschiedenen Pferden immer präsent, jedoch reichte die Leistung nicht mehr für die internationale Spitze. Gigolo wurde aus dem Sport verabschiedet, ihr Nachwuchspferd Amaretto starb an einer Kolik. Zwei Pferde brachten sie dann schließlich wieder zurück an die Spitze: Mit Warum nicht FRH und Satchmo schaffte es Werth wieder an die Dressurspitze. Ihre Auftritte mit Satchmo sind vor allem daher in Erinnerung geblieben, da der Braune an guten Tagen eine Paradebeispiel für Durchlässigkeit war und an schlechten komplett seinen Dienst verweigerte. Allen voran der Auftritt bei den Olympischen Spielen in Hongkong bei denen Satchmo mitten in einer bis dahin brillanten Kür, komplett ausbrach. “Dieses Pferd hat mich Demut gelehrt”, sagte Werth im Rückblick auf ihre Zeit mit Satchmo. Doch Werth kämpfte für ihr Pferd und ließ seine “Ungehorsamkeit” nicht auf dem Pferd sitzen. Nach etlichen Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Braune eine Erkrankung am Auge hatte, die dazu führte dass er zeitweise Schatten wahrnahm. Mit ihm und Hannes, El Santo und Don Johnson gewann sie noch etliche bedeutende Titel. Hinzu kamen die ebenfalls hoch erfolgreichen Stuten Weihegold OLD, mit der sie derzeit Weltranglistenvierte ist und Bella Rose. Mit ihr belegt sie Weltrangliste eins.
Bella Rose
Mit der Fuchsstute Bella Rose geht die Rheinbergerin auch 2021 in Tokio an den Start. Die 2004 geborene Westfalen-Stute von Belissimo M aus einer Cacir AA Mutter ist für Werth etwas ganz besonderes: “Bella Rose ist mein Traumpferd, weil sie alles vereint, was Gigolo, Satchmo und Weihegold zu großen Teilen mitbringen.“ Mit der Fuchsstute konnte Werth bereits etliche Erfolge feiern. So gewann sie mit ihr 2014 und 2018 den Weltmeistertitel in der Mannschaft und im Einzel und wurde 2019 Mannschaftseuropameisterin zusammen mit ihren Teammitgliedern Dorothee Schneider und Jessica von Bredow-Werndl. Neben dem Welt- und Europameistertitel könnten sich Werth und Bella Rose auch noch olympisches Gold sichern.
Aussicht auf Gold
Die Erwartungen an Werth sind hoch. Sie selber denke aber nicht über weitere Medaillen nach, sagte Werth im Interview im Vorfeld der Olympischen Spiele: “Wir haben kein Streichergebnis mehr. Da braucht nur ein dummes Ereignis zu passieren, und schon ist die Mannschaft geplatzt. Deshalb bleiben wir schön mit beiden Füßen auf dem Boden.“ Dennoch sei ihr bewusst, dass die Erwartungen, auch die eigenen sehr hoch liegen:” Es wäre falsche Bescheidenheit zu sagen, die deutsche Mannschaft gäbe sich mit Silber oder Bronze zufrieden.“
Den Einzug in den Grand Prix Special schaffte die Mannschaft bereits am Sonntag. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera legten am Samstag mit über 84 Prozent bereits die Messlatte hoch. Dorothee Schneider und Showtime FRH erreichten die Qualifikation mit 78,820 Prozent und einem ersten Platz in ihrer Gruppe. Werth startete als letzte Reiterin in die Qualifikation und erreichte mit Bella Rose ein Ergebnis von XX. Das deutsche Dressurteam startet damit als klare Favoriten in die Mannschaftsprüfung, einem Grand Prix Special, am Dienstag. Wer den Kampf um die Einzel-Goldmedaille gewinnt zeigt sich dann am Mittwoch.