Am gestrigen Tag hatte die FN verkündet das Touchieren am Sprung in Zukunft verbieten zu wollen. Ausschlaggebend dafür sei vor allem die Empfehlung der Kommission Ausbildungsmethoden an das Präsidium der FN gewesen, die die Methode über ein Jahr lang begutachtet hatte und schließlich zu dem Schluss gekommen war, dass korrektes Touchieren nicht erlernbar sei und sich bei fehlerhafter Ausführung schnell negative Folgen für das Pferd ergeben. Die FN verkündete am gestrigen Tag die Entscheidung des Präsidiums zum Verbot des Touchierens am Sprung. Ein entsprechender Text für das Regelwerk werde derzeit vorbereitet und soll Anfang Mai in die LPO aufgenommen werden.
Über ein Jahr hatte sich die Kommission Ausbildungsmethoden der FN mit der Frage beschäftigt, ob und wie Touchieren am Sprung eingesetzt werden kann oder ob es dabei sogar um eine tierschutzrelevante Methode handele. “Das was sich jetzt so klar anhört, war über den ganzen Verlauf nicht so klar. Das durfte es auch nicht sein. Denn wir [die Ausbildungskommission] sind erst einmal sehr offen und unvoreingenommen an diese Thematik herangegangen. Wir haben uns mit der Methode als solches ganz tiefgehend beschäftigt. Wir haben uns auch sehr lange damit beschäftigt, ob es helfen kann die Methode deutlich einzuschränken.”, sagte Thies Kaspareit, Ausbildungsleiter der FN. Bislang war die Methode des Touchierens über dem Sprung erlaubt, jedoch nur unter Berücksichtigung einiger Einschränkungen. So durfte die Methode nicht bei jungen Pferden oder Pferden mit noch deutlichen Defiziten in der Ausbildungsskala und nur von erfahrenen Ausbildern eingesetzt werden. “Wir haben lange darüber diskutiert, wie man das noch klarer machen kann. Wir haben auch überlegt, ob man die Ausbilder schulen kann.”, so Kaspareit weiter. Letztendlich sei die Kommission dann aber nach langen Überlegungen zu dem Entschluss gekommen, dass Einschränkungen nicht klar genug definiert oder umgesetzt werden können und somit ein Verbot die einzig sinnvolle Alternative zum Schutz vor falscher Anwendung am Pferd darstellt.
Verstöße gegen Verbot schwer zu kontrollieren
Bei dem Verstoß gegen das Verbot finden die Sanktionen der LPO Anwendung. Jedoch steht natürlich die Befürchtung im Raum, dass einige Ausbilder nicht von der Methode ablassen. Denn um zu Sanktionieren muss ein Verstoß gegen die LPO erst nachgewiesen werden. Die Handhabung der FN ist hier deutlich beschränkt. Beim Training kann nicht klar kontrolliert werden, ob die Methode Anwendung findet oder nicht. Auf dem Turnier sind letztendlich die Richter dafür zuständig, bei Startern bei denen der Verdacht besteht, dass das Pferd zuvor im Training über dem Sprung touchiert wurde, einzugreifen. Dies kann zum einen durch das Ansprechen, Verteilen von gelben Karten im Vorfeld des Turniers oder sogar dem Ausschluss vom Turnier stattfinden. Eine Alternative stellt aber die niedrige Bewertung von Teilnehmern beim Turnier selber dar.
Es sei zudem wichtig die Richter für diese Thematik zu sensibilisieren. Dies sei in der Vergangenheit bereits geschehen, nun müsse man aber das Thema erneut aufnehmen und sehr genau hinschauen, heißt es von der FN. Die Unterscheidung sei zwar schwierig, aber gerade deshalb müsse man hier genau auf die Pferde schauen. “Ich habe in meiner Karriere kein Pferd kennen gelernt, dass 60 Zentimeter Platz zwischen sich und dem Hindernis lässt. Ich denke man muss das Thema neu beleuchten und differenzierter darauf schauen.”, sagte Thies Kaspareit. Die FN sei hier im engen Austausch mit der Deutschen Richterlichen Vereinigung. In Kürze solle es hier Schulungen für die Richter anhand der neuen LPO geben.
Weit mehr als nur ein Verbot
Es wird mehr und mehr deutlich, dass sich die FN mit dem Verbot des Touchierens über dem Sprung weit mehr erhofft als nur die Einschränkung einer bereits umstrittenen Trainingsmethode. Thies Kaspareit bestätigt dies gegenüber der Presse: “Ich glaube, dass diese Entscheidung weit über ein Verbot einer Methode hinausgeht – hoffentlich! Wir müssen über das Thema Manipulation am Sprung offener und klarer sprechen.” Dazu solle auch der Austausch mit der Deutschen Richtervereinigung beitragen. Ziel sei hierbei das Thema nochmals klar zu benennen und sich darauf zu verständigen, dass Pferde die den Eindruck erwecken völlig unnatürlich zu Springen und dadurch davon ausgegangen werden muss, dass hier im Training Methoden zur Manipulation am Sprung angewendet wurden, entsprechend schlecht, beispielsweise bei Springpferdeprüfungen, benotet werden. “Hier wird es eine Veränderung geben müssen. Und ich hoffe, dass sich das auch den Bereich der noch jüngeren Pferde, beispielsweise bei Zuchtveranstaltungen, auswirken wird – auch wenn es hier sowieso nicht zugelassen ist. Dennoch gibt es hier immer auch Vermutungen, dass dort Dinge passieren, die so nicht passieren dürfen. Ich hoffe, dass sich das nach dieser Entscheidung ändert.”, führt Thies Kaspareit weiter aus.
Auch Änderungen in der Zucht erhofft
Um Änderungen bei Zuchtveranstaltungen, wie Körungen, bewirken zu können, müssten sich jedoch zunächst alle Zuchtverbände auf ein einheitliches System mit einheitlichen Bewertungskriterien und Verboten einigen. Denn auch hier hat die FN nur begrenzt Einfluss, ist das Regelwerk bei Zuchtveranstaltungen doch immer noch Sache der jeweiligen Verbände. Diese seien jedoch momentan in einem regen Austausch zur Thematik, teilte Soenke Lauterbach, Generalsekretär der FN, mit.
Natürlichkeit statt Spektakel
Die FN erhofft sich durch das Verbot nicht nur eine Verbesserung in der Ausbildung sondern ganz offensichtlich auch einen Paradigmenwechsel in Zucht und Sport: “Solange Züchter, Zuschauer, Fachzeitschriften und alle Weiteren spektakulär springe oder trabende Pferde hochleben lassen, wird das Problem schwer zu beheben sein lassen. Und Spektakulär ist in diesem Fall das Gegenteil von Natürlich. Wenn wir dahin kommen, dass wir alle die Pferde so sehen möchten, wie die Natur sie geschaffen hat und uns ihr natürliches Potenzial zeigen, dann wären wir einen großen Schritt weiter.”, verdeutlicht Thies Kaspareit.
Dazu bedürfe es jedoch eines Philosophiewechsels, sagte Soenke Lauterbach. “Das wird aber eine Weile dauern”, schätzt der Generalsekretär der FN die Situation ein. Ihnen sei bewusst, dass ein Verbot noch keinen Philosophiewechsel einleiten könne. Das müsse die Erkenntnis der Menschen sein. “Das ist ein Prozess und wird ein Prozess bleiben.”, führte Lauterbach weiter aus und fügt hinzu: “Wir lernen immer dazu. Wir lernen mehr über das Pferd. Dem müssen wir uns anpassen. Wenn wir jetzt lernen, dass Spektakuläre nicht mehr zu bejubeln, dann gehört auch das dazu einen Philosophiewechsel bei den Menschen einzuleiten.”