Am 07.07.2021 beschloss die FN die Einführung einer Herpes-Impfpflicht für alle Turnierpferde ab dem Jahr 2023. Die Reaktionen unter Profis sowie Amateuren sind gespalten. Eine Petition soll nun helfen.
Im Frühjahr 2021 brach auf einem Turnier in Valencia (Spanien) das Equine Herpesvirus (EHV-1) aus. Insgesamt 18 Pferde aus verschiedenen Nationen verstarben. Viele weitere erkrankten schwer. Es wurden die Rufe nach einer Impfpflicht für Turnierpferde laut. Olympiasiegerin Dorothee Schneider sagte damals dem SWR: “Ich bin der Meinung, dass wir eine Impfpflicht bekommen sollten. Natürlich hat so eine Impfung auch Nebenwirkungen, aber grundsätzlich können wir den Virus damit eindämmen und unsere Pferde zum großen Teil schützen!”.
Dieser Meinung kam nun auch die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) nach. Bei der Jahrestagung der FN einigte man sich auf eine Impfpflicht für Turnierpferde ab dem 1. Januar 2023. Hauptziel der Impfpflicht sei es die Virusausscheidung in einem Bestand zu senken.
Viele Gegenstimmen im Netz
Bereits kurz nach Bekanntwerden der Entscheidung über die Impfpflicht wurden Gegenstimmen, sowohl auf Profi- als auch auf Amateurseite laut. Denn der Impfung haften nicht unwesentliche Nebenwirkungen an. Besonders ein Beitrag der FN auf deren Instagram-Seite ließ die Gemüter hochkochen.
Innerhalb kürzester Zeit entstanden tausende Kommentare – meist negativer Natur. Viele Amateure aber auch Profis, wie Dressurreiterin Anabel Balkenhol nahmen den Beitrag zum Anlass ihre Gedanken und Erfahrungen zum Ausdruck zu bringen. Balkenhol berichtet von eigenen Erfahrungen mit erheblichen Impfreaktionen. Sie sieht aber vor allem ein Problem im Stillstand bei der Entwicklung des Impfstoffs. Und da ist sie nicht alleine. Denn auch eine eigens an die FN gerichtete Petition wurde erstellt, in der eine Weiterentwicklung des Impfstoffes vor Einführung einer Impfpflicht gefordert wird. Innerhalb weniger Tage fand die Petition schon weit mehr als 5.000 Unterzeichner.
Meldung der Impfreaktionen
Betrachtet man die unzähligen Kommentare hinsichtlich schwerwiegender Impfreaktionen, ist die Einordnung der Impfung als geringe Gefährdung kaum zu verstehen. Dies könne jedoch daran liegen, dass Impfreaktionen in der Vergangenheit nicht häufig genug gemeldet wurden, meint Profireiterin Julia Mestern (Mit ihr haben wir auch im Interview gesprochen). Auf ihrem Instagram-Profil rief sie daher ihre Follower auf bei auftretenden Impfreaktionen eine Meldung zu machen. Diese Meldung kann online unter www.vet-uaw.de abgegeben werden. Die Meldung geht dann an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, das Paul-Ehrlich-Institut, sowie die Bundestierärztekammer. Impfreaktionen sollten gemeldet werden, da sonst die Fallzahlen verfälscht werden. Eine Meldepflicht für Impfreaktionen besteht jedoch nicht.
Aktionismus und Scheinsicherheit
Derzeit gebe es Impfstoffe von drei Herstellern gegen das Equine Herpesvirus. Das Jahr 2022 solle als Übergangsjahr genutzt werden um einen ausreichenden Vorlauf in der Impfstoffproduktion zu gewährleisten und den Reitern die Möglichkeit zu bieten ihre Pferde früh genug Grundimmunisieren zu lassen. Doch bereits jetzt kommt es in regelmäßigen Abständen zu Engpässen bei der Erhältlichkeit der Impfstoffe.
Linda Krüger, Chefredakteurin des Cavallo-Magazins kommentiert die Entscheidung der FN als “Aktionismus” auf die im Frühjahr erkrankten Pferde in Valencia. Für die Pferdebesitzer sei die Impfpflicht lediglich eine Scheinsicherheit. Biete die Impfung doch keinen hundertprozentigen Schutz gegen die Erkrankung und wirke auch nur bei einer von drei Krankheitsformen. Aber auch sie hofft, dass die Entscheidung die Forschung beeinflusst: ”Will man dem Vorstoß der FN etwas Gutes abgewinnen, dann die Hoffnung auf intensivere Forschung und die Entwicklung neuer Impfstoffe – die dann hoffentlich wirklich Pferde […] schützen.”, schreibt sie in ihrem Kommentar.
Meldepflicht statt Pflichtimpfung
Neben der Weiterentwicklung des Impfstoffes finden sich viele Stimmen, die statt der Pflichtimpfung eine Meldepflicht bei Erkrankung fordern. Derzeit besteht bei einem Ausbruch des Equinen Herpes in Deutschland weder eine Anzeige- noch Meldepflicht. Viele der Stimmen in den sozialen Medien wünschen sich eine Änderung. Die FN kommentierte bereits dass eine solche Meldepflicht ein schwieriges Thema sei und man sich seit längerem mit den entsprechenden Stellen auseinandersetze.
Ob die Pflichtimpfung nochmals überdacht wird, steht derzeit noch nicht fest. Die FN wird sich am kommenden Montag, den 19.07.2021 zu den Anmerkungen der Petition äußern.