Die Europameisterschaft der Springreiter hat am Dienstag mit der Verfassungsprüfung und einem Warm-Up-Springen begonnen. In welcher Konstellation das deutsche Team am Mittwoch ins Zeitspringen starten wird, ist noch nicht klar. Denn bereits im Vorfeld der Verfassungsprüfung lahmte Don Diarado, der Hengst des nominierten Mannschaftsmitglieds Maurice Tebbel. Daher nahm er nicht an der Verfassungsprüfung und dem Warm-Up-Springen teil. Bei diesem machten die vier anderen Teammitglieder aber derweil einen guten Eindruck. Den Anspruch des Teams, dass nach der Pleite bei Olympia nun wieder auf Medaillenjagd geht, unterstrich Bundestrainer Otto Becker: “Wir wollen bei den Medaillen ein Wörtchen mitreden.”

Sein viertes Championat für Deutschland hatte sich Maurice Tebbel wahrscheinlich anders vorgestellt. Denn für ihn begann die Europameisterschaft, die auf der Anlage von Ludger Beerbaum in Riesenbeck stattfindet, mit einem Schrecken. Im Vorfeld der Verfassungsprüfung lahmte sein Pferd Don Diarado. Momentan wird das Pferd vom Mannschaftstierarzt untersucht. Bundestrainer Otto Becker verriet, dass man derzeit von einem Hufgeschwür ausgehe. Sollte der Hengst am Mittwoch wieder fit sein, könnte er die Verfassungsprüfung am Mittwoch Morgen nachholen. Wie der derzeitige Zustand ist, ist noch nicht klar. “Heute Abend wollen wir nochmal gucken, wie es aussieht und dann entscheiden“, sagte Tebbel und ergänzte: „Don Diarado muss hundertprozentig fit sein. Mit einem halbgesunden Pferd anzutreten macht überhaupt keinen Sinn. Wenn wir das Gefühl haben, dass er hundertprozentig in Ordnung ist, dann gehen wir morgen zum Vet-Check.“ 

Als Ersatzmann würde Marcus Ehning starten

Fällt Tebbel aus, tritt Marcus Ehnung mit Stargold als Ersatz an, der allerdings Tebbel für den Start die Daumen drückt. „Ich muss versuchen, mich auf mich zu konzentrieren. Ich drücke natürlich Maurice die Daumen. Es ist für mich eine blöde Situation. Auf der einen Seite will man schon reiten, klar. Aber wenn es dann so geschieht, ist es am Ende nicht so schön“, sagte Ehning

Der Oldenburger Stargold trabte frisch durch die Verfassungsprüfung und steht entsprechend als Ersatz bereit. Auch die drei weiteren Pferde C-Vier, DSP Chakaria und Mumbai zeigten sich in Top-Form. 

Heimspiel für Christian Kukuk

Für Mumbai und seinen Reiter Christian Kukuk ist es die erste Heim-EM und die findet für das Pferd-Reiter-Paar auch noch vor heimischem Publikum statt. Denn der Veranstaltungsort, die Reitanlage Riesenbeck International, ist der Heimatstall des 31-jährigen Kukuks. Besonders die vielen Veränderungen auf der Anlage hat er mitverfolgt: “Ich habe das ja über die letzten Wochen schon mitverfolgt und in kleinen Etappen gesehen, was sich verändert hat und was neu gekommen ist. So habe ich mich jetzt schon fast dran gewöhnt“, sagte Kukuk. „Ein Heimvorteil ist es natürlich, weil ganz viele Leute da sind, die man kennt, die zum Team und zur Familie gehören. Die können alle diese Woche da sein, und das zähle ich mal so als Heimvorteil.“

André Thieme will das ein oder andere anders machen

Neben Tebbel und Kukuk, die bereits für Deutschland bei den Olympischen Spielen in Tokio zusammen antraten, ist auch Olympiamitstreiter André Thieme bei der EM im Team. Von den Fehlern bei Olympia nimmt er einiges mit: “Mein Ziel ist es, hier das ein oder andere besser zu machen. Mehr Druck als in Tokio kann es nicht geben. Deshalb will ich versuchen, die Lockerheit beizubehalten. Chakaria war nach Tokio auf keinem Turnier. Wir sind seitdem ein-, zweimal auf Gras gesprungen, das fühlte sich sehr gut an. Sie hat die Reise und alles super überstanden. Vor Tokio habe ich etwas weniger Druck empfunden, das hat sich während des Events gesteigert. Mit dieser Vorerfahrung ist es so, dass ich mit wesentlich mehr Druck in dieses Championat gehe, aber das geht jedem so, damit muss man umgehen können.“

Erstes Championat für Deutschland für David Will

Zum ersten Mal bei der EM dabei ist David Will mit seinem Holsteiner-Wallach C-Vier: „Zum ersten Mal dabei zu sein bei einem Championat ist etwas ganz Besonderes“, sagte Will. „C-Vier uns ich haben uns im vergangenen Jahr schon ziemlich gut miteinander angefreundet. Es ging alles ziemlich schnell. Die Zielsetzung ist, so gut wie möglich zu sein, aber natürlich nicht nur nur nach dem Motto, dabei sein ist alles.“ Die Anlage in Riesenbeck hat Will 2020 zuletzt gesehen. Seitdem habe sich viel getan: „Letztes Jahr gab es den neuen Sandplatz, das war schon eine deutliche Verbesserung, weil man die Pferde jetzt richtig gut vorbereiten kann. Jetzt gibt es noch einen zweiten großen Sandplatz und feste Stallungen, das macht natürlich nochmal einen riesen Unterschied, vor allem für das Wohlbefinden der Pferde. Die Boxen sind riesengroß, alles ist richtig durchdacht mit Waschbereichen für die Pferde. Das kann man schwer besser machen.“

Begeistert von der Organisation

Aber nicht nur Will zeigt sich von der Organisation vor Ort beeindruckt. Auch Bundestrainer Otto Becker findet lobende Worte für den betriebenen Aufwand durch Veranstalter Beerbaum und sein Team: “Hut ab, was Ludger mit seinem Team auf die Beine gestellt hat. Mit den Tribünen hat das einen richtigen Stadion-Charakter. Die ganze Anlage ist toll. Das ist schon aller Ehren wert, was die hier bewegt haben in den letzten Monaten.“ So eine tolle Anlage sei wichtig für Deutschland als Championatsstandort: “Es könnten ruhig noch zwei, drei weitere Anlagen mit diesen Bedingungen dazukommen, damit Deutschland auch eine der Hauptbasen in Europa bleibt. Wir haben eine riesige Tradition mit Veranstaltungen und so eine Anlage und hoffentlich noch ein paar andere, die würden natürlich untermauern, dass das auch noch lange so bleibt.“, so Becker. 

Für Veranstalter Ludger Beerbaum, der als Reiter mehr als 140 Championate für Deutschland bestritt, war die Organisation der Europameisterschaft auf seiner Anlage Riesenbeck International eine herausfordernde Aufgabe. Zum einen sei es für sein Team und ihn die erste Veranstaltung dieser Größe gewesen, zum anderen spielte in diesem besonderen Fall auch die Zeit eine entscheidende Rolle. Denn eigentlich sollte durch die Verschiebung der Olympischen Spiele auf das Jahr 2021 gar keine EM stattfinden. Nach der spontanen Vergabe an Riesenbeck als Austragungsort musste daher alles schnell gehen: “Während die bisherigen Gastgeber mehr als drei Jahre Zeit hatten, das Championat vorzubereiten, blieb uns nicht einmal ein Jahr. Es war wirklich sportlich, dahinzukommen, wo wir jetzt stehen. Durch Corona wurde das Ganze noch erschwert. Es gab viele Regeln zu beachten. Doch wir haben mit Partnern zusammengearbeitet, die uns wirklich gut unterstützt haben. Herausheben möchte ich die jahrelange Unterstützung von Longines. Bisher gab es schon eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit bei der Longines World Equestrian Academy, jetzt auch als Hauptsponsor der Europameisterschaft.  Es wurden Kompromisse geschlossen. Letztlich haben alle an einem Strang gezogen.”

Zuversichtlich für die EM

Trotz der Ungewissheit um den Gesundheitszustand von Don Diarado zeigt sich der Bundestrainer äußerst zuversichtlich: „Den Vorteil hier im Gegensatz zu Tokio sehe ich darin, dass wir wieder ein Streichergebnis haben. Wenn hier mal eine Runde schiefgeht, dann kann man das am nächsten Tag wieder gutmachen. Das hilft natürlich. Das ist das altbewährte System, das wir kennen und mögen. Ich denke, wir sind gut gerüstet und schielen natürlich nach einer Medaille. Dass das kein Wunschkonzert ist, haben wir in Tokio gesehen. Aber wir wollen bei den Medaillen ein Wörtchen mitreden.“

Am Mittwoch startet die EM der Springreiter dann mit einem ersten Zeitspringen in die Wertungsprüfungen. Am Donnerstag und Freitag findet der Wettkampf um den Nationenpreis im Team statt, bevor es am Sonntag um die Einzelplatzierung in der Europameisterschaft geht.