Es ist eine Situation zwischen Glückseligkeit und Hass – auf der einen Seite die Reiter und Reiterinnen, die an den Olympischen Spielen teilnehmen und all jene die ihre sportlichen Leistungen bejubeln. Auf der anderen Seite die Kritiker, die vor allem in den sozialen Netzwerken gegen den Reitsport wettern. Die Welle aus Hass, Neid und Anfeindungen schlägt hoch. 

Es sind Beiträge der FAZ oder ZDFheute unter denen es in den Kommentaren heiß hergeht. Heiß trifft es nicht ganz, die Situation ist eher schon kochend. Zwischen Glückwünschen und Jubel über den Sieg der Deutschen Dressurreiterinnen im Team, der Einzelmedaille für Jessica von Bredow-Werndl in der Dressur und der Goldmedaille für Julia Krajewski in der Vielseitigkeit finden sich auch viele Kommentare der anderen Art. Einer Art, die so wohl nur das Internet in seiner Anonymität und Unmittelbarkeit zulässt. Von Tierquälerei ist hier die Rede. 

Angesichts vieler Kommentare wird klar, dass es sich hier um ein unreflektiertes Verständnis basierend auf einer falsch verstanden Tierliebe handelt. Was diese Menschen, die sich weder mit dem äußerst komplexen Thema der Pferdehaltung, -ausbildung und -zucht auseinandergesetzt haben, dazu bringt, in einem vollkommen unangemessenen Ton, zu einem vollkommen unangemessenen Zeitpunkt ihre Meinung kundzutun, vermag ich nur zu erahnen.

Kritisches Verhalten der Medien

Unverständlich auch das Verhalten einiger etablierter Medien. Besonders zu Betrachten ist das Verhalten des WDRs. Auf dem eigenen Instagram-Kanal der Sendung Quarks & Co. wurde die aktuelle Debatte einmal mehr aufgeheizt. Mit einem dem Instagram-Format entsprechend kurzem Beitrag, der ausschließlich einseitige Fakten aus einer nicht mehr ganz aktuellen Studie (2014) aufgreift, goss das Format des öffentlich-rechtlichen Senders noch Öl ins Feuer. 

Auch wenn die Zitation einer Studie Wissenschaftlichkeit vermitteln mag, darf diese Darstellung als eindimensional, zu kurz gedacht und hinsichtlich der Validität einer einzelnen Studie auch als nichtig angesehen werden. Der Originalbeitrag aus dem Jahr 2019 mit dem parteiergreifenden Titel “Pferde – Warum wir sie lieben und trotzdem quälen” darf stutzig machen. Weit mehr als nur ein Hauch Meinungsmache schwingt hier mit. 

Der Anlass des Postings könnte im übrigen nicht pietätloser sein. Nicht etwa die abgefragte Leistung der Sportpferde im Allgemeinen führte zum Beitrag, sondern der tragische Unfall beim Geländeritt der Vielseitigkeitsreiter, bei dem das Pferd Jet Set des Schweizers Robin Godel eingeschläfert werden musste. Ein Schelm wer dabei an Aufmerksamkeitshascherei denkt. Mit Tierschutz, Pferdeliebe, Wissenschaftlichkeit oder durchdachter Kritik hat das wenig zu tun. 

Nicht zuletzt die nonchalante Doppelzüngigkeit des WDRs, die mit ihrem Instagram-Format @diemitdenPferden im wöchentlich-wechselnden Rhythmus Themen des Reitsports aufgreifen und auch derzeit mit überschwänglicher Freude über die Olympischen Spiele berichten, unterstreicht diesen Vorwurf. Likes, Klickzahlen und möglichst viel Aufmerksamkeit stehen offenbar deutlich vor dem Maximen des Journalismus. 

Kritik ohne Grundlage

Betrachtet man den Anlass der Kommentare im Einzelnen, wird die Situation absurd. Der Hass und Neid, der sich hier widerspiegelt richtet sich gegen Menschen, die ihr ganzes Leben dem Wohle des Pferdes gewidmet haben. Jessica von Bredow-Werndl ist seit ihrem 4. Lebensjahr Vegetarierin (mittlerweile sogar Veganerin), da sie ihre “Freunde” nicht essen wollte. Julia Krajewski ist Bundestrainerin und eine der Top-Ausbilderinnen, die wir in Deutschland haben. Ihr Anspruch sind nicht nur bessere Reiter, sondern auch Wissen zu vermitteln um das Wohle des Pferdes zu fördern. 

Offenkundig unreflektiert sind auch die Annahmen mit denen in den sozialen Medien gewetteifert wird. So richtet sich ein Großteil der Hass-Kommentare ausschließlich gegen den Reitsport – gegen Freizeitreiter habe man hingegen nichts. Das Profisportler zumeist die Menschen sind, die sich alleine aufgrund ihrer Berufung am Besten mit Pferden auskennen, am besten Reiten, die beste medizinische Versorgung bereitstellen können und oftmals auch ganz andere finanzielle Mittel zu Versorgung der Pferde zur Verfügung gestellt bekommen, wird dabei geflissentlich unter den Teppich gekehrt. Ebenso, dass Spitzensportler ein gehöriges Interesse an der Gesundheit ihrer Pferde haben. Denn kein Pferd erbringt Spitzenleistungen, wenn es krank oder in schlechtem Zustand ist. 

Neid statt Kritik

An dieser Stelle tritt dann ein weiteres Argument zu Tage. Der Vorwurf: Reiten sei elitär. Natürlich ist der Reitsport teuer. Die Anschaffung, Haltung, Ausbildung, Training, Fütterung und Gesunderhaltung eines Pferdes zahlt sich nicht von alleine. Für viele Pferdehalter bedeutet das Verzicht in vielen Belangen des Lebens. Und auch wer nicht so sehr auf die Kosten achten muss, den kostet ein Pferd Zeit und er trägt eine schwerwiegende Verantwortung.

Ein Profireiter arbeitet in der Regel hart um entsprechende Pferde zur Verfügung gestellt zu bekommen. Das Glück einer Mäzenin haben die wenigsten. Und auch diese will zufriedengestellt werden. Letztendlich kosten Pferde Geld, Schweiß und oftmals auch viele Tränen. Dabei ist die Diskussion, ob man sich ein, zwei oder mehr Pferde einfach so leisten kann oder man hierfür sein letztes Hemd auszieht, vollkommen zweitrangig. Pferde halten, reiten und ausbilden ist etwas das nur mit absoluter Hingabe möglich ist – auch wenn man es sich leisten kann. Man muss es auch wollen. Kommentare und Diskussionen darüber lassen meist nur eins erkennen: Neid. 

Diskussion bleibt wichtig, aber bitte angemessen

Natürlich gibt es auch immer wieder schwarze Schafe im Reitsport, der Zucht oder auch im Freizeitbereich. Das ist schlimm und tut tatsächlich denen, die hier angegriffen werden – den Pferdehaltern ganz gleich, ob Amateur oder Profi – am meisten weh. Wer Pferde liebt, dem sind diese Menschen zuwider. Es ist sogar soweit zu gehen, dass Pferdehalter in der Regel, auch über die Olympischen Spiele hinaus, wesentlich sensibler sind, was dieses Thema betrifft und sich immerwährend auch ohne aktuellen Anlass um diese Problematik sorgen. Immer wieder werden durch Regelungen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) oder auch der FEI, die für den internationalen Turniersport verantwortlich zeichnet, versucht den Umgang, Haltung und Ausbildung von Pferden flächendeckend zu optimieren. Daneben ist die Wissensvermittlung die wohl größte Aufgabe der Vereine und Verbände, um das Wohle der Tiere zu schützen.

Neben den lauten, kreischenden, offenkundig sinnlosen Kommentaren, von Menschen, die keine Diskussion führen sondern lediglich ihre Meinung ohne Toleranz gegenüber anderen aus Hass, Neid oder anderen unbegreiflichen Motiven in die Welt krakelen wollen, gibt es auch Kommentare, die auf leise, reflektierte Art und Weise kritische Punkte ansprechen. Diese Punkte sind es, die unserer Aufmerksamkeit bedürfen und die zu Diskussionen an den geeigneten Stellen führen sollten. Denn auch wenn es von den vielen über uns Reitsportler hereinbrechenden, feixenden Kommentaren unterzugehen droht, so sind das Gros der Pferdemenschen, Menschen die ihre Tiere lieben, sie an erste Stelle rücken, das Beste für sie wollen und selbst immer ein Stück zurücktreten. 

Reitsport ist weder schwarz noch weiß. Daher gilt es immer offen für Kritik und Diskussion zu bleiben. Dabei bedarf es jedoch einer dafür geeigneten Plattform, einer neutralen Diskussionsgrundlage, der Expertise der Diskussionsteilnehmer und vor allem einen angemessenen Ton.