Julia Krajewski, Simone Blum, Ingrid Klimke, Isabell Werth und Jessica von Bredow-Werndl – dies sind nur ein paar Namen der vielen Frauen, die im Reitsport großes geleistet und alles erreicht haben. Heutzutage wird immer wieder die Frage gestellt, warum sich im Reitsport, vor allem im Freizeitbereich, kaum mehr ein Mann finden lässt. Reiten ist ein Sport geworden, der gesellschaftlich als “Frauen-Hobby” gesehen wird. Dass das dogmatisch und ebenso problematisch ist, muss an dieser Stelle kaum weiter diskutieren werden.
Doch die Geschlechterverteilung im Reitsport war nicht immer so. Schließlich war Reiten ein rein männliches Privileg. Wie die Frauen dennoch Einzug in den schönsten Sport der Welt erhielten – darum wird es hier gehen. In den folgenden Teilen werden wir euch die Pionierinnen, die uns die Türe zum Reitsport geöffnet haben, vorstellen.
Wandbemalungen und RitterINNEN
Doch bis es soweit kommen sollte, war es ein weiter Weg. Das Frauen von Beginn an auch ritten, davon zeugen Wandbemalungen oder bemalte Krüge der Antike. Ganz verstoßen ließen sie sich auch mit der Zeit nicht. So gab es im Mittelalter sogar Ritterinnen – zwar nicht viele, aber dennoch ein paar. Hier zeigte sich jedoch bereits, dass Reiten nicht jeder Frau offen stand, sondern lediglich in einzelnen Bereich möglich war. Mit dem Übergang aus dem Mittelalter in die neuere Zeit blieb es Frauen dann weitestgehend verwehrt zu Reiten. Zudem galt ausschließlich der Seitsitz – auch als Damensitz bekannt – als schicklich. Mit den Sätteln des 18. Jahrhunderts war es nicht möglich im Damensitz zu springen. Erst im 19. Jahrhundert wurden einzelne Modelle entwickelt, die diese Möglichkeit boten. Rund 100 Jahre sollte es noch dauern bis sich auch Frauen in der für uns heute regulären Weise auf den Pferderücken schwingen und damit letztendlich wettbewerbsfähig wurden – jedenfalls sollte man das meinen. Ganz so einfach war es dann aber doch nicht. Zwar durften Frauen nun im Sattel sitzen, wie sie wollten, doch gab es kaum Wettbewerbe bei denen Frauen startberechtigt waren. Einer der ersten, war der Walkürenpreis in Aachen. Hier konnten Frauen wählen, ob sie sich rittlings- oder seitwärts in den Sattel setzen.
Die goldenen 20er als Wendepunkt für Frauen im Reitsport
In den goldenen 20ern änderte sich vielen für die Frauen, auch im Reitsport. Besonders im Springsport nahmen mehr und mehr Frauen teil. 1934 gewann dann Irmgard von Opel auf Nanuk als erste Frau das Hamburger Spring-Derby. Nach ihr sollten das bis zum heutigen Tage nur drei weitere Reiterinnen schaffen: Käthe Schmidt-Metzger (1949), Marion Mauld (1970) und Caronline Bradley (1975). Von Opel, die die Enkelin des Industriellen Adam Opel war, erzielte zahlreiche Erfolge sowohl im Springen als auch in der Vielseitigkeit. Später wurde sie zu einer bekannten Pferdezüchterin. Trotz ihrer Erfolgsbilanz durfte sie nicht an Championaten starten, da dies Soldaten mit dem Rang eines Offiziers oder höher, vorbehalten war.
Erste Championatsteilnahmen nach dem zweiten Weltkrieg
Nach dem zweiten Weltkrieg änderte sich vieles. Zunächst war kein militärischer Rang mehr notwendig um als Mann an einem Championat teil zu nehmen. Ab 1952 konnten dann auch Frauen bei diesen internationalen Wettbewerben starten – wenn auch erstmal nur in der Dressur. Denn bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts hielt sich der Mythos, dass Reiten, insbesondere Spring- und Vielseitigkeitsreiten, negative Auswertungen auf die Gebärfähigkeit von Frauen habe.
So starteten 1952 bei den Olympischen Spielen gleich vier Frauen, darunter auch die Deutsche Ida von Nagel. Im Team gewann sie die Bronzemedaille. Damit ist sie die erste Frau die in einer Reitsportdisziplin als erste eine Olympische Medaille gewann. Dieser Triumph geht in den Geschichtsbüchern aber häufig unter. Denn die Dänin Lis Hartel holte sich gleich im ersten Versuch die olympische Silbermedialle im Einzelwettbewerb. Das war nicht nur beeindruckend aufgrund der Tatsache, dass Hartel eine Frau war, sondern dass sie durch eine Polioerkrankung ihre Muskeln abseits der Oberschenkel nicht mehr anspannen konnte.

Linsenhoff schreibt Geschichte
Der nächste revolutionäre Erfolg bei Olympia ließ weitere 20 Jahre auf sich warten. 1972 gewann Liselott Linsenhoff die Goldmedaille im Dressurreiten. Linsenhoff war bereits 1969 Europameisterin geworden und schrieb damit bereits Geschichte. Die erste Weltmeisterin in einer gemischten Meisterschaft wurde dann ein Jahre später – 1970 – die Russin Elena Petushkova. Gepusht von diesen Erfolgen in der Dressur starteten die Frauen erst so richtig durch und ein Erfolg nach dem nächsten folgte.
Mit Ann Kathrin Linsenhoff, der Tochter der legendären Liselott, Monica Theodorescu, unserer jetzigen Bundestrainerin, Nicole Uphoff und natürlich der Dressur-Königin schlechthin Isabell Werth führte ab Ende der 80er Jahre kein Weg mehr an der Damen-Elite vorbei.
Auch im Springsport erfolgreich
Aber nicht nur in der Dressur traten die Damen an. Nachdem sie zunächst ausschlich in der Dressur antreten durften, wurden sie 1956 auch im Springen zugelassen. Besonders in Erinnerung geblieben sind diese Olympischen Spiele in Stockholm, da Hans-Günther Winkler gleich zweimal die Goldmedaille gewann. Die Spiele haben aber einen weiteren historischen Aspekt, den es zu betrachten gilt: Die Engländerin Pat Smythe holte mit dem Team die Bronzemedaille und gewann damit als erste Frau eine Medaille im Springreiten. Bei der deutschen Meisterschaft – hier traten die Geschlechter noch getrennt an – gewann dann Helga Köhler, die noch über Jahre hinweg Erfolge erzielen sollte und unter anderem auch mit dem Silbernen Lorbeerblatt durch den Bundespräsidenten ausgezeichnet wurde.
1986 gewann Gail Grennough als erste Frau die Weltmeisterschaft im Einzel der Springreiter. Das sollte erst wieder 2018 Simone Blume mit ihrer Stute Alice schaffen. Erste Europameisterin wurde 1999 die Französin Alexandra Ledermann. Einen Olympiasieg im Einzeln konnte bislang noch keine Frau erreichen. Doch das galt auch für eine Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in der Vielseitigkeit – bis in diesem Jahr Julia Krajewski kam und es änderte. Doch zurück zu den Pionierinnen im Springreiten. Hier gilt es noch einen bedeutenden und gemeinhin bekannten Namen zu nennen: Meredith Michaels-Beerbaum. Sie gewann nicht nur dreimal das Weltcup-Finale sondern wurde auch als erste Frau im Jahr 2004 die Weltranglistenerste. Diese Position hielt sie über Jahre hinweg und revolutionierte den männlichgeprägten Springsport der 1990er Jahre.

Vielseitigkeit als letzte zugelassene Disziplin
Erst 1964 wurden Frauen auch im Vielseitigkeitssport zugelassen. Als einzige Frau ging damals Lana du Pont an den Start. Sie gewann jedoch gleich die Silbermedaille im Team. 1984 gewann dann die erste Frau in dieser Disziplin eine olympische Einzelmedaille: Karin Stives gewann Silber. Im gleichen Jahr ging auch die Deutsche Bettina Hoy an den Start, holte Bronze mit der Mannschaft und öffnete damit auch die Tür für den Vielseitigkeitssport in Deutschland für Frauen. Gekrönt wurde dieser Anstoß 2021 mit dem Sieg von Julia Krajewski, die als erste Frau eine goldene Medaille in der Vielseitigkeit bei Olympia holte.
Frauen im Reitsport haben eine lange Tradition. Dennoch wäre dies nicht ohne die ambitionierten und großartigen Leistungen der Reitsportpionierinnen möglich gewesen. In unserer Artikelserie From M to F stellen wir euch diese großartigen Sportlerinnen und ihre Geschichten vor.
Teil I: Irmgard von Opel
Teil II: Ida von Nagel
Teil III: Lis Hartel
Teil IV: Liselott Linsenhoff
Teil V: Die Damen übernehmen