Am morgigen Freitag eröffnen die Olympischen Spiele 2020, wie sie sich ganz offiziell nennen – auch wenn sie erst aufgrund der weltweiten Pandemie im Jahr 2021 ausgetragen werden. Ohne Zuschauer, dafür aber mit vielen Besonderheiten, einigen Änderungen im Reglement und einem zielgerichteten Fokus auf den Sport. Diese Spielen werden etwas Besonderes sein. Mit Spannung erwarten wir die Leistungen unserer Topathleten aus Vielseitigkeit, Springen und Dressur. Doch Tokio ist nicht das erste Mal Gastgeber für die Austragung der Wettkämpfe der Spitzensportler. Bereits 1964 fanden die Olympischen Spiele in Japan statt. Wir werfen einen Blick zurück.

Sensation: weltweite Fernsehübertragung

Es ist ein großer Zeitsprung von beinahe 57 Jahren. Viele der Namen von Reiter und auch Pferd haben sich aber durch ihre sportlichen Erfolge so eingebrannt, dass sie selbst den jüngeren Generationen, noch ein Begriff sind. Einige dieser Legenden des Reitsports starteten auch bei den Sommerspielen in Tokio 1964.

Wie lange 54 Jahre sind zeigt auch die Tatsache, dass bei den Olympischen Spielen 1964 erstmals die Presseplätze mit Fernsehgeräten ausgestattet wurden. Die Resultate der einzelnen Wettbewerbe standen so kurz nach Ende der Prüfungen fest und wurden elektronisch zur Verfügung gestellt. Das von IBM entwickelte System wurde bereits bei den Spielen in Rom 1960 getestet zeigte dort aber noch einige Schwächen. Eine weitere Neuerung war auch die erstmalig durch einen Nachrichtensatelliten ermöglichte interkontinentale Fernsehübertragung. Während der gesamten Olympischen Spiele wurden 165 Stunden für das Fernsehn übertragen, was rund 11 Stunden Sendematerial pro Tag bedeutete. Eine absolute Sensation.

Zwei Länder, eine Mannschaft

Geritten wurde aber damals wie heute gleich, nämlich in den Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit. Aufgrund der bestehenden Teilung in Ost- und Westdeutschland traten, wie bereits seit den Spielen 1956 in Melbourne, Sportler aus beiden Teilen Deutschlands in einer gemeinsamen Mannschaft an. Dieser Zusammenhalt galt allerdings ausschließlich für die sportliche Leistung. Außerhalb der Wettbewerbe wurden die ost- und westdeutschen Athleten strikt voneinander getrennt. Die Sportler sollten miteinander gewinnen, aber nicht miteinander sprechen. 

Aber nicht nur aufgrund der politischen Verhältnisse dürften sich die Sportler der einzelnen Disziplinen selten bis gar nicht über den Weg gelaufen sein. Die Wettkämpfe der Reiter, die im Zeitraum vom 10. bis zum 24. Oktober stattfanden, fanden an unterschiedlichen Orten statt. In Karuizawa, ganze 130 Kilometer von dem eigentlichen Austragungsort der Spiele entfernt, fanden die Prüfungen der Vielseitigkeitsreiter statt. Für die Dressur wurde ein auf einer Rennbahn gelegener Poloplatz in Baji Koen zum Dressurviereck umgewandelt. Nur die Springreiter waren direkt vor Ort im Nationalstadion von Tokio. 

Zwei Mal Bronze

Den Auftakt machten die Vielseitigkeitsreiter, die am 16. Oktober 1964, mit ihrer Dressurprüfung starteten. Mit dabei für das gemeinsame deutsche Team aus Ost und West waren Fritz Ligges auf Donkosak, Horst Karsten auf Condora und Gerhard Schulz auf Balca. Die Reiterequipes betreffend waren die Vielseitigkeitsreiter die einzige Mannschaft, die sich aus Reitern der DDR und aus der BRD zusammensetzte.

Fritz Ligges konnte sich bereits für die Spiele 1960 qualifizieren, wurde aber nicht nominiert, da man erfahrenen Reitern den Vortritt ließ. Zur Vorbereitung auf die Olympiade in Tokio zog er mitsamt seiner Pferde für zwei Jahre nach Warendorf. Zwar fiel sein bestes Pferd Föhn zur Teilnahme an den Spielen aus, mit Donkosak erritt er sich aber trotzdem die Bronzemedaille in der Einzelwertung. Horst Karsten, der erst 1956 mit dem Vielseitigkeitssport begonnen hatte, belegte mit seiner Stute Condora den 6. Platz. Der Ostdeutsche Gerhard Schulz landete auf Platz 20 mit seinem Pferd Balca. In der Einzelwertung trat zudem noch ein weiterer Reiter aus der DDR an. Karl-Heinz Fuhrmann bestritt den Wettbewerb auf seinem Pferd Mohamet und schloss die Spiele mit Platz 25 in der Einzelwertung ab. Für den Mannschaftswettbewerb wurde er nicht aufgestellt. Das gesamtdeutsche Team bestehend aus Ligges, Karsten und Schulz gewann in der Mannschaftswertung Bonze und reihte sich damit hinter den USA auf Platz zwei und Italien auf Platz eins ein. 

Gold und Silber

Nachdem die Vielseitigkeitsreiter bereits ihre Wettkämpfe ausgetragen hatten, wurde es für die deutschen Dressurreiter am 22. und 23. Oktober 1964 spannend. Die Equipe bestand aus Harry Boldt auf Remus, Dr. Reiner Klimke auf Dux und Josef Neckermann, der  vielen besser durch seine unternehmerische Tätigkeit mit dem Neckermann Versand bekannt ist, auf seiner Stute Antoinette. Im Kampf um die Einzelmedaille musste sich Boldt von Henri Chammartin aus der Schweiz geschlagen geben. Er selber belegte den zweiten Platz. Josef Neckermann und seine Antoinette platzierten sich auf Platz fünf, gefolgt von Dr. Reiner Klimke auf Platz sechs. Für Klimke waren es die ersten Olympischen Spiele. Es folgten für ihn neben der Goldmedaille in der Mannschaft 1964 noch fünf weitere olympische Goldmedaillen und zweimal Bronze. Klimke war für etliche Jahre der erfolgreichste Olympiateilnehmer Deutschlands und der siegreichste Dressurreiter der Welt. Seine Tochter Ingrid, die heute zu den bekanntesten Gesichtern des Reitsports und erfolgreichsten Reiterinnen der Welt zählt, war zum Zeitpunkt des Sieges mit der Mannschaft in Tokio noch nicht geboren. Ihr selbst bleibt die Chance auf Gold in Tokio verwehrt, da ihr Dressurpferd Franziskus und dann auch sie selber gesundheitsbedingt im Vorfeld der Spiele ausfiel.

Dressur- und Springreiter gleich auf

Den Abschluss der gerittenen Prüfungen 1964 bildeten, wie auch in diesem Jahr, die Springreiter. Sowohl die Einzelprüfung als auch der Mannschaftswettbewerb fielen auf den 24. Oktober 1964, dem Tag der Abschlussfeier der Olympischen Spiele in Tokio. Die Springreiter traten, wie auch die Dressur und Vielseitigkeitsreiter sowohl in der Mannschafts- als auch in der Einzelprüfung an. Im deutschen Team war auch Hans Günter Winkler, der mit seiner weltberühmten “Wunderstute” Halla bereits 1956 und 1960 Goldmedaillen in der Einzel- als auch in der Mannschaftswertung holen konnte. Bei den Spielen 1964 trat er aber nicht mehr mit Halla sondern mit Fidelitas an. Neben ihm waren auch der spätere Bundestrainer der Springreiter Hermann Schridde auf Dozent II und Kurt Jarasinski auf Toro im deutschen Team der Springreiter. Schridde und Dozent II erkämpften sich in der Einzelwertung die Silbermedaille. Jarasinski landete mit Toro auf Platz 8, Hans Günter Winkler mit Fidelitas auf Platz 16. Als Mannschaft holten die drei die Goldmedaille mit einem deutlichen Vorsprung von nur 68,5 Strafpunkten zu 77,75 Strafpunkten der Franzosen auf Platz 2. 

Ähnlich erfolgreich wie 1964?

Insgesamt gewann die deutsche Equipe 1964 sechs Medaillen in sechs Disziplinen, darunter je zwei Bronze-, zwei Silber- und zwei Goldmedaillen. Ob die Olympischen Spiele 2021 ähnlich erfolgreich werden, steht noch in den Sternen. Die Daumen für unsere deutschen Athleten werden wir auf jeden Fall drücken, wenn die Dressurreiterinnen die Olympischen Spiele für alle Pferdesportbegeisterten am Samstag mit der Qualifikation im Grand Prix starten werden. 

Alle Zeiten und Prüfungen im Überblick findest du hier.

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